EK Nummer 2232/2021
Das an der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Universität Wien für die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) routinemäßig eingesetzte Narkosemittel ist das Barbiturat Methohexital (Brevimytal® Hikma) dank seines günstigen hämodynamischen Profils und der im Vergleich zu anderen Narkotika geringeren antikonvulsiven Wirkung. Die Auswahl des Narkotikums bei der Durchführung der EKT ist essentiell, nachdem das antikonvulsive Potenzial der jeweiligen Substanz dem bei der EKT induzierten und gewünschten Krampfanfall entgegenwirkt.
Nur eine kleine Anzahl an heterogenen, randomisierten, kontrollierten Studien mit geringer Power und widersprüchlichen Ergebnissen haben bislang die Anwendung von Methohexital mit Esketamin/Ketamin verglichen und konnten keinen eindeutigen Hinweis für eine Überlegenheit von Esketamin finden, wobei es Hinweise für einen Vorteil hinsichtlich der geringen antikonvulsiven Wirkung, Kognition und Erholungszeit postiktal und gibt. Esketamin ist in der Psychiatrie von besonderem Interesse, nachdem dieser NMDA-Antagonist in niedriger Dosierung antidepressiv wirksam ist und rezent in Form eines Nasensprays bei Therapie-resistenter Depression von der FDA und EMA zugelassen wurde [6]. Man erhofft sich eine potenzierte, stimmungsverbessernde Wirkung von EKT mit Esketamin-Anästhesie, evtl. auch ein rascheres Ansprechen, also kürzere EKT-Serien.
Zur EKT-Anästhesie werden meist die negativ inotropen (das Herz-Kreislauf-System dämpfende) Barbiturate oder Propofol eingesetzt, im Gegensatz dazu besteht unter Ketamin ein höheres Risiko für arterielle Hypertonie und Tachykardien. Dies kann problematisch sein, nachdem der Krampfanfall selbst ebenfalls mit einer autonomen Aktivierung einhergeht. Die Anwendung von einem 1:1 Gemisch von Esketamin und Propofol (wird zur besseren Lesbarkeit von nun an als "Ketofol" bezeichnet"), kombiniert die Vorteile beider Substanzen (hämodynamische Stabilität dank Propofol;längere Krampfdauer, kürzere Erholungszeit nach der Narkose, bessere Kogition und Verstärkung des antidepressiven Effekts dank Esketamin).
Das Ziel dieser Studie ist, die Nichtunterlegenheit von Ketofol im Vergleich zu Methohexital in einer ausreichend großen Zahl nachzuweisen, um schließlich Ketofol als Standard-Narkotikum für die EKT an unserer Klinik einzuführen.
Einschlusskriterien:
- stationäre PatientInnen
- Alter ≥ 18 Jahre
- ICD-11 Diagnose einer schweren uni- oder bipolaren Depression (F32.2, F32.2, F33.2, F33.3, F31.4, F31.5)
- HAMD17 ≥ 24 (Symptomschwere)
- Fähigkeit die Einwilligungserklärung zu verstehen und Bereitschaft diese zu unterschreiben
- negativer Harnschwangerschaftstest
- stabile Dosierung der laufenden antidepressiven/antipsychotischen Medikation für einen Zeitraum von mind. 7 Tagen vor der 1. EKT
- Anästhesiologische Freigabe für Elektrokonvulsionstherapie (ASA ≤ 3)
Ausschlusskriterien:
- schwere somatische oder neurologische Erkrankung (insbes. aktuelle oder vorangehende Episode intrakranieller Hypertonie, unkontrollierte arterielle Hypertonie, Blutungen oder Aneurysmen, rezenter Myokardinfarkt <3 Monate)
- aktuelle oder frühere schizophrene oder schizoaffektive Störung
- EKT in der Vergangenheit
- klinisch relevante Abweichungen in der Laboruntersuchung oder der physikalischen Untersuchung
- Schwangerschaft, Stillen
- bek. Allergie auf Esketamin, Propofol oder Methohexital (oder deren Bestandteile)
Kontakt:
z.H. Assoc.Prof. PD DDr. Pia Baldinger-Melich
Tel: +43 (0)1 40400-35370
EK Nummer 1793/2020, FWF Projektnummer KLI 1098-B
Seit ihrem ersten klinischen Einsatz vor über 80 Jahren wurde eine Vielzahl an präklinischen und klinischen Studien durchgeführt, um die Wirkmechanismen der Elektrokonvulsionstherapie (EKT) zu erforschen. Die neurobiologischen Mechanismen, die der EKT zugrunde liegen sind jedoch nach wie vor weitgehend unklar.
Obwohl die EKT wohl die effektivste antidepressive Therapieoption mit Anprechraten von 60-80% repräsentiert, sind Kliniker:innen nach wie vor nicht in Lage, eine Vorhersage des klinischen Ansprechens auf die EKT zu machen. Aufgrund gefürchteter kognitiver Nebenwirkungen von Seiten der Patient:innen und einer zu seltenen Anwendung der EKT als Therapieoption von Seiten der Kliniker:innen (aufgrund von Unwissen, mangelnder Schulung und der kontroversen öffentlichen Darstellung der Behandlung) ist jedoch eine klare, individualisierte, klinische Indikationsstellung essentiell, um schwer kranken oder psychopharmakaresistenten Patient:innen eine in manchen Fällen sogar lebensrettende Therapie zukommen zu lassen.
In den vergangenen Jahren wurden einige vielversprechende, auf neuronaler Bildgebung-basierte, Marker für das Ansprechen auf die EKT erforscht. So wurde beispielsweise mittels struktureller Magnetresonanztomographie (MRT) festgestellt, dass ein höheres Volumen des anterioren zingulären Kortex (ACC) und geringeres Volumen des Hippocampus vor EKT mit einem besseren Ansprechen auf die Therapie vergesellschaftet ist. Auch Veränderungen in der funktionellen Konnektivität, gemessen mittels resting-state funktioneller MRT (rsfMRT), von Schlüsselregionen, die in der Entstehung der Depression eine Rolle spielen, wie der ACC oder der dorsolaterale präfrontale Kortex (DLPFC), konnten mit dem Therapieansprechen nach EKT korreliert werden.
Außerdem wurden auch klinische Parameter (wie Alter, Chronizität der Depression, psychotische vs. nicht psychotische Depression etc.), Biomarker aus dem Serum (z.B. TNF-alpha, Brain-derived-neurotrophic factor (BDNF)) und Liquor (Amyloid-beta, Tau) sowie genetische Marker (Einzelnukleotidpolymorphismen (single-nucleotide-polymorphism, SNP) aus dem BDNF und vascular endothelial growth factor (VEGF) Gen) mit dem Therapieansprechen auf EKT in Zusammenhang gebracht. Jedoch finden sich in der Literatur jeweils geringe Fallzahlen, fehlende Replikationsstudien oder multimodale Ansätze, welche diese potenziellen Marker für das Ansprechen auf mehreren Ebenen kombinieren.
Ziel dieser Studie ist es daher prädiktive Marker für das Anprechen auf EKT durch die Kombination von multimodaler Bildgebung mit MRT einerseits sowie der Untersuchung von Serum- und Liquor-basierten Biomarkern andererseits in einer Stichprobe von 30 depressiven Patient:nnen, die sich routinemäßig einer EKT Serie unterziehen, zu identifizieren.
Einschlusskriterien:
- männlich oder weiblich
- Alter zwischen 18 und 60 Jahren
- ICD-10 Diagnose eine schwere unipolaren Depression (ICD-10: F32.2, F32.3; F33.2, F33.3)
- Eine Gesamtpunktzahl > 23 im 17-item HAM-D
- physische Gesundheit
- Unterschriebene Einwilligungserklärung
- Negatives Drogenscreening im Harn und negativer Schwangerschaftstest (Frauen) bei Einschluss
- Konstante Einnahme der Psychopharmaka über mindestens 10 Tage vor Einschluss
- Anäthesiologische Freigabe für die EKT
Ausschlusskriterien
- Schwere neurologische oder internistische Erkrankung
- Gegenwärtige komorbide psychiatrische Erkrankung (inkl. bipolare Störung) und frühere Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis
- Klinisch relevante pathologische Befunde in der physikalischen Untersuchung oder in der Laboruntersuchung
- Gegenwärtiger Substanzmissbrauch oder Substanzabhängigkeit
- Metallische Implantate (wegen MRT)
- Kontraindikation zur Lumbalpunktion (erhöhter intrakranieller Druck, auffälliger Gerinnungsstatus, Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten, Trauma etc.)
Kontakt:
z.H. Assoc.Prof. PD DDr. Pia Baldinger-Melich
Tel: +43 (0)1 40400-35370